Die Rolltreppe summt sie in den dritten Stock. Dort, zwischen Kinderbüchern und bunten Tierlampen, öffnet sich die Babyabteilung – ein Reich aus Pastellfarben, weich und hell. Als hätte jemand eine Welt geschaffen, in der nichts schiefgehen kann. Christine hält vor einem Regal mit Stramplern inne. Zartes Gelb, blasses Blau, ein bestickter Mond auf der Brust. Ihre Finger gleiten über den Stoff, flauschig, schwerelos. Daneben winzige Söckchen, kaum größer als eine Walnuss. Sie nimmt einen Body vom Bügel, hebt ihn hoch, hält ihn, als läge ein unsichtbares Kind darin. Drückt ihn an sich, unwillkürlich, aus einer Regung, die sie nicht ganz versteht.
Ein paar Meter weiter steht eine junge Frau mit Kinderwagen. Auf ihrem Arm ein Baby, rosige Wangen, runde Augen. Es greift nach der Kette der Mutter, gurrt leise. Die Frau lacht, beugt sich vor, küsst das weiche Köpfchen. Christine schaut hin. Lange. Ihre Augen bleiben ruhig, doch etwas in ihrem Gesicht zieht sich zusammen – kaum sichtbar, aber da. „Kann ich Ihnen helfen?“ Die Stimme der Verkäuferin klingt freundlich, unaufdringlich. Mitte fünfzig vielleicht, Maßband um den Hals wie eine Schneiderin aus alter Zeit. „Wissen Sie schon, was es wird?“ Christine dreht den Kopf. Die Frau lächelt. „Wann ist es denn so weit?“ Die Worte hängen still. Christine flüstert: „Bald.“ Sie legt den Body zurück, streicht ihn glatt, als müsste sie sich entschuldigen. Wendet sich ab, geht zur Rolltreppe. Kein Blick zurück. Nur ein schmaler Streifen Enttäuschung in ihrer Haltung, tief in ihr.
Draußen blendet die Sonne. Sie geht die Straße entlang, Hände leer. Eine Stunde später schließt sie die Tür zum alten Kinderzimmer auf.
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